Das Klärwerk
Die 1909 erbaute Anlage der damaligen Samt- und Seidenstadt Krefeld stellte den Abschluss der modernen Stadtentwässerung, der unterirdischen Kanalisierung dar.
Heute ist sie ein Industriedenkmal und Veranstaltungsort (siehe Kalender)
Zur Geschichte:
Abwässer verschwanden seit der Hochphase der Industrialisierung in einer unsichtbaren Stadt unter der Stadt und sorgten als erstes menschengemachtes Netzwerk für den zuverlässigen Transport von Krankheitserregern und Abfall, aber auch Produktionsrückständen der Industrie hinaus aus der Stadt.
Die dadurch unmittelbar an anderem Ort entstehenden neuen Probleme der Verschmutzung sollten durch Abwasser-Kläranlagen gemildert werden.
Das Krefelder Klärwerk wurde nahe des Vorfluters Rhein, aber noch unmittelbar vor der Stadt Uerdingen am Rhein auf deren Grund, fernab von Krefeld erbaut. Es war zuerst auf dem Stand der Technik, blieb aber erstaunlich unverändert bis 1962 in Betrieb und reinigte mechanisch, mit feinen Rechen, das Abwasser der Stadt Krefeld und auch der Industriebetriebe im 1906 eingeweihten Rheinhafen bei Krefeld-Linn, flussoberhalb von Uerdingen erbaut. Siehe Rheinhafen
Das Klärwerk besteht aus der großen und hohen Klärhalle, diente zugleich als Hochwasserpumpwerk (im Vordergrund die kleinerer Halle) und elektrische Überland-Verteilstation und hat weitere angrenzende Gebäudeteile, die allesamt im damals neuartigen Baustoff Eisenbeton als stützenfreie Hallen, insgesamt im Jugendstil organisch gestaltet, als sogenannte Beton Monolithen einzigartig geformt wurden.
Das Gelände der Reinigungsanlage ist als eine Parklandschaft ausgebildet, das eigens vorhandene Besucherportal erlaubt für Gäste den Blick in eine der damals modernsten Errungenschaften der Baukunst, öffentlichen Hygiene und des Umweltschutzes, schon bevor letztere beiden Fachwörter in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen waren.
Durch Zufälle der Geschichte überlebte das Klärwerk fast unbeschädigt den zweiten Weltkrieg und blieb auch nach seiner Außerdienststellung 1962 erhalten. Von 1980-1998 wurde es umgenutzt als Abwasser-Pumpstation und Künstler-Atelier. Dabei gingen allerdings einige technische Einbauten verloren und dem Haus wurden, trotz des 1982 gewährten Denkmalschutzes, auch Einbauten und erhebliche Schäden zugefügt.
Nachdem das Haus danach zwanzig Jahre als Lost Place leer stand, eingewachsen in Vegetation, mit großen Vandalismus Schäden, wurde es 2018 erneut entdeckt und seit dem liebevoll instand gesetzt.
Eine Kläranlage aus der Entstehungsgeschichte ist heute, weltweit betrachtet, so selten dass zusammen mit der Kläranlage Stará Čistírna in Prag die für die UNESCO Weltkulturerbe Tentativliste nominiert wurde, von vermutlich mehreren hundert dieser Bauwerke in allen größeren Städten Europas und Nordamerikas nur zwei der ältesten Exemplare ansehenlich überliefert sind. Siehe Stara Cistirna
Eine neue Wasserkultur
kann nicht ohne Erinnerung entstehen.
Der Klimawandel hat nicht nur unser aller Versäumnis Wasser klug zu nutzen und zu verwalten verstärkt, sondern auch die Gefahren von zu wenig oder zu viel Wasser (Dürre, Überschwemmungen und steigender Meeresspiegel) stellen uns Menschen und die globale Wasserpolitik vor neue Herausforderungen.
Daher müssen wir neue Wege finden um Menschen mit Wasser-Kultur zu verbinden, Empathie für Wasser aufbauen und Wasserbewusstsein zu verbessern. Wassermuseen spielen in diesem Prozess eine Schlüsselrolle. Das historische Klärwerk ist Wasser-Kulturerbe.
Der Rhein
Im Land am Rhein bestimmt seit Urzeiten der Fluss die Landschaft und damit die Geschicke der Menschen. Er ermöglichte das Entstehen von großen Städten an seinem Ufer, war für die Ernährung, die Entwicklung von Handel, der Industrie, Grundlage und dient heute als leistungsfähiger Transportweg.
Seit 1850 nahm die Industrialisierung entlang des Rheins Fahrt auf, immer mehr Fabriken boten neue Arbeitsplätze, die Bevölkerung der Städte wuchs rasant.
In den wachsenden Städten war die Gesundheit angegriffen, Epidemien zogen durch enge Stadtviertel. Eine der wichtigsten und auch umstrittensten Fragen jener Zeit war:
Was macht die Menschen in den Städten krank? [+]
Und wenn man den Grund für Krankheitsübertragungen erkennt, was kann man tun um die Lebensverhältnisse in den Städten zu verbessern?
Städtische Infrastruktur
Frisches sicheres Wasser war eine der Lösungsansätze, gleichzeitig die Idee der Erschaffung einer modernen Kanalisation [+]. Hunderte Kilometer Abwasserkanäle sind so im Untergrund der Städte entstanden, eine ganze Welt für sich, das erste gebaute Netzwerk in der Menschheitsgeschichte. Heute ist dies für uns ganz selbstverständlich, denn das Netzwerk unter den Straßen ist fast unsichtbar. Mehr lesen[+]
Abwasser
Wenn Abwasser und später Fäkalien aus den Städten hinaus geschwemmt werden, dann verbessern sich die Lebensumstände in den urbanen Ballungsräumen erheblich, so die Idee. Aber außerhalb der Städte kommen nun neue Belastungen ans Tageslicht, denn irgendwohin leitet jedes Kanalsystem die Abwässer ab.
Abwasserreinigung
Um die unansehnlichen stetig anschwellenden Mengen an Abwässern und Schmutz in den Füssen zu begehen, wurden seit 1880 in Deutschland die ersten Kläranlagen gebaut. Die Abwässer wurden dort durchweg „mechanisch“ gereinigt, in großen Absetzbecken durch Sedimantation, oder aber durch feine Siebe- und Rechenanlagen.
Krefeld erbaute das erste Klärwerk der Stadt zwischen 1908-1909 nahe dem Rhein bei Uerdingen. Das Krefelder Klärwerk war aber nicht nur eine schlichte ingenieurtechnische Anlage, sondern sie war das vorgezeigte Symbol für Moderne und Fortschritt einer aufstrebenden Stadt.
Das Krefelder Klärwerk ist ein bis heute erhaltenes und ausserordentlich kunstvolles Bauwerk, das Menschen beeindrucken konnte und wohl auch sollte.
Seit 1962 ist das Klärwerk ausser Dienst, letzte Anlagenteile wurden 1998 stillgelegt. Im Inneren und Äußeren ist die Funktion und Gestaltung der Anlage aber ablesbar erhalten geblieben. Nachdem die frühen Klärwerke der industrialisierten Städte Europas und Nordamerikas heute fast vollständig verschwunden sind, zählt die Anlage in Krefeld nun weltweit gesehen, zu den raren letzten Beispielen.
Das Baudenkmal des Klärwerks ist heute ein Teil unseres
Wasser- Kulturerbes. Mehr über die Bedeutung von Wasser auf