Praktische Denkmalpflege: Holzfenster

Das Klärwerk wird aufwändig repariert, zur Zeit ist das Betriebsleiterwohnhaus des Klärwerks in Arbeit. Dacheindeckung, Decken, Fußböden, Fensterläden und Fenster sind in Mitleidenschaft gezogen worden und müssen fachgerecht bearbeitet werden.

Besonders aufwändig sind dabei die Holzfenster. Das Gebäude hatte vor rund 100 Jahren natürlich keines der heute üblichen „Plastikfenster“ erhalten, sondern es wurden Holzfester eingesetzt. Die Lebensdauer solcher Fenster ist bei einsprechender Pflege annähernd ewig, aber nur wenn sie gepflegt werden.

Und wenn keine Fehler gemacht wurden.

Denn seit nun über sechzig Jahren werden fast alle historischen Holzfenster falsch behandelt. Wie aber kam es dazu?

Vom 15. Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren Leinöl und Leinölfarbe die perfekte Möglichkeit, Fenster vor der Verwitterung zu schützen. Jedoch wurde die Nutzung von Leinöl nach dem zweiten Weltkrieg durch „schnelltrocknende Beschichtungen“ ersetzt.

Erst am Ende des 20. Jahrhundert wurde diese Methode von Fensterhandwerkern wieder von Schweden nach Deutschland zurückgebracht.

Doch was ist Leinöl überhaupt genau?

Leinöl wird aus Leinsamen gewonnen, ja genau aus den selben Leinsamen die auch gegessen oder zum Kochen benutzt werden.

Bei der Gewinnung von Leinöl werden Leinsamen kalt gepresst und anschließend einige Stunden erhitzt und mit Sauerstoff angereichert. Doch um aus dem nun gewonnen Leinöl auch Leinölfarbe zu machen, ist natürlich noch ein weitere Schritt nötig. Hierbei wird in das bereits vorhandene Leinöl Farbpigmente von zum Beispiel Erdfarben hinzugefügt. Dabei wird darauf geachtet, dass keine schichtbildenen Harze oder Lösemittel der Leinölfarbe hinzugefügt werden.

Aber was macht Leinöl jetzt so besonders und wie unterscheidet es sich von anderen Farben?

Leinöl ist das einzige traditionelle Material zu Fensterpflege was keine Schicht bildet. Es zieht tief in die Holzrahmen ein und konserviert das Holz, wobei die Holzporen ausgefüllt werden. Dadurch ist eine nahe zu unberenzte Erhaltung der Fensterrahmen möglich und es bietet einen dauerhaften Wetterschutz.

Zudem ist Leinöl keine Beschichtung, wie man es vielleicht am Anfang vermutet. Das Leinöl zieh in das Holz ein und schützt es von innen heraus, dagegen wird eine Beschichtung auf das Holz aufgetragen, welche nicht in das Holz einzieht. Zudem enthalten schichtbildene Farben oftmals Harze oder Lösemittel, wobei bei Leinöl drauf verzichtete wird.

Beide Methoden sollen zwar das Holz schützen, jedoch kann die Beschichtung durch verschiedene Wettergegebenheiten porös werden und reissen, wodurch Feuchtigkeit in das Holz eindringen kann. Dies kann dagegen bei Leinöl nicht passieren, da dieses das Holz von innen heraus schützt. Sollten die Rahmen matt werden, kann man sie einfach erneut mit Leinöl einstreichen.

Heute versucht man traditionelle Fenster wieder zu reparieren, was jedoch nicht leicht und zeitaufwendig ist. Oftmals sind die Fenster durch Beschichtungen, Säuren oder Laugen beschädigt. Auch kommen manchmal noch Probleme wie Schimmel oder schlechte Isolation hinzu. Auch wir haben uns an die Arbeit gemacht, um die Fenster des Betriebsleiterwohnhaus zu sanieren.

Nachdem wir alle Fensterrahmen ausgebaut haben, muss die alte Beschichtung auf den Fenstern herunter gekratzt werden, wobei diese stark erhitzt werden muss, um sie zu entfernen. Dabei muss man besonders darauf achten, dass man durch die Hitze die Scheiben nicht versehentlich zum platzen bringt und ebenso wie man darauf achten muss, dass man nicht versehentlich die Fensterrahmen anbrennt.

Wenn die komplette Beschichtung abgekratzt ist, müssen die Holzrahmen von allen Seiten mindesten einmal oder auch zweimal mit Leinöl bestrichen werden. Nachdem alles getrocknet ist, beginnt man die Rahmen mit Leinölfarbe zu bestreichen. Wir haben uns in für ein creme weiß entschieden, allerdings gibt es natürlich auch noch viel andere Farbtöne.

Man benötigt definitiv mehr als nur einen Anstrich, da die Farbe nicht deckend genug ist, als dass sie schon beim ersten Anstrich die Farbe des Holzes schön abdeckt und keine Pinselübergänge mehr zu sehen sind.

Auf Grund der langen Zeit, die das Leinöl und auch die Farbe benötigt, um zu trocknen, ist der ganze Prozess ziemlich zeitaufwenig. Grundsätzlich müssen wir die frisch bestrichenen Rahmen im Durchschnitt einen Tag trocknen lassen, ehe wir mit der nächsten Schicht Leinöl oder Farbe weitermachen können.