Über Dachform, Dachdecker, Ziegel

Die Dacheindeckung des Betriebsleiterwohnhauses ist stark beschädigt und diese können wir nicht mal eben selber reparieren. Aber dennoch interessieren wir uns natürlich sehr für die Materialien, die hier verwendet werden und welche Funktionalität und Besonderheiten sie haben. Dazu habe ich (Johanna vom Klärwerk) die Handwerker, die sich viel Mühe mit dem Dach geben, gefragt ob sie mir in einem kleinen Interview ein paar Fragen zu den Materialien beantworten könnten. Glücklicherweise waren sie einverstanden:

Wenn man ein ersten Blick auf das Betriebsleiterwohnhaus wirft, fällt einem tatsächlich als erstes das sehr große, nach obenhin spitz zu laufen Dach auf, welches von zwei Gauben, eins auf der Nord und eins aus der Südseite, geziert wird. Die Giebel besitzen zweiflügelige, querrechteckige Fensteröffnungen. An der Westseite über der Haustür ist ein symmetrisches, dreckeckiges Vordach. Dieser Risalit (aus dem italienischen „rislato“, welches „Vorsprung“ bedeutet, es handelt es sich also um einen Bauteil, das vor die eigentliche Fassade vorspringt) ist von einem Dreiecksgiebel gekrönt und wird ringsherum von einem flachen Gesimsstreifen eingerahmt.

Auf meine Frage, was das besondere an diesem Dach ist, erzählten die Handwerker, dass das Dach ein altes Walmdach sei, was in Kombination mit den Gauben viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Übrigens, Gauben sind die Vorbauten mit den Fenstern, oben auf den seitlichen Dachflächen.

Das Walmdach ist jedenfalls die älteste Dachform in der Architektur, es ist trapezförmig aufgebaut. Alle vier Dachseiten sind dreieckig und laufen noch oben hin mittig spitz zusammen. Vergleicht man die Fläche des Daches mit der Fläche des Dachbodens, stellt man fest, dass die Fläche des Daches deutlich größer ist. Dies ist ein weiters besonderes Merkmal des Walmdaches.

Schaut man genau hin, sieht man unter den Dachpfannen des noch nicht fertig gedecktem Dachs eine Holzschicht. Ich wollte natürlich auch da wissen, welche Funktion diese hat. Die Dachdecker erklärten mir, dass dies spezielle Platten seien, welche aus Faserholz besteht. Diese Platten haben die Eigenschaft den Schall, sowie auch Wärme zu dämmen und zusätzlich sind sie einige Zeit lang wasserabweisend.

Doch natürlich besteht ein Dach nicht einfach nur aus Gauben und Holzplatten.  Daher werden auf unserm Dach momentan fleißig die Dachpfannen von den Dachdeckern angebracht. Da das Gebäude dem Erscheinungsbild aus früheren Jahren so nahe wie möglich sein soll, werden hierbei schwarze Tonziegel verwendet, welche besonders bei Altbauten, wozu auch das Betriebsleiterwerkshaus gehört, verwendete werden. Sie bestehen zu 40 bis 60% aus rotem Ton, welche anschließend schwarz lackiert werden, bevor sie auf dem Dach angebracht werden.

Doch was für eine Ziegelform wird für die Sanierung des Daches verwendet? Es werden Hohlfalz- Ziegel, oder auch H 15 genannt, verwendet. Diese Art Ziegel ist besonders geeignet für geschwungene Dachflächen und zudem sind sie wasserundurchlässig, frostbeständig, sowie atmungsaktiv. 

Auf meine Frage, was diese Ziegel von anderen unterscheidet, erklärten mir die Dachdecker, dass diese Ziegel höher geneigt sind als andere Dachziegel. Diese breite Mulde, die die Dachziegel ausmachen und sie aussehenden lässt, wie kleine Wellen, ist charakteristisch für die traditionelle Dachgestaltung. Andere Ziegel dagegen haben eine deutlich weniger ausgeprägte oder auch keine Mulde. Oftmals werden Dachziegel für Denkmäler auf das Haus abgestimmt in Form und Farbe, weshalb sich die Dachziegel auch oft von Denkmal zu Denkmal leicht unterschiedlich aussehen.

Auf meine Frage, ob sie oft Denkmäler sanieren, und ob dies mehr Spaß macht als die Dächer von moderneren Häusern zu decken, antworteten mir die Handwerker, dass sie zwar viele Dächer von Denkmälern decken, jedoch jede Art von Dach gleichwertig spaßig zu decken sei.

das neu eingedeckte Dach

Praktische Denkmalpflege: Holzfenster

Das Klärwerk wird aufwändig repariert, zur Zeit ist das Betriebsleiterwohnhaus des Klärwerks in Arbeit. Dacheindeckung, Decken, Fußböden, Fensterläden und Fenster sind in Mitleidenschaft gezogen worden und müssen fachgerecht bearbeitet werden.

Besonders aufwändig sind dabei die Holzfenster. Das Gebäude hatte vor rund 100 Jahren natürlich keines der heute üblichen „Plastikfenster“ erhalten, sondern es wurden Holzfester eingesetzt. Die Lebensdauer solcher Fenster ist bei einsprechender Pflege annähernd ewig, aber nur wenn sie gepflegt werden.

Und wenn keine Fehler gemacht wurden.

Denn seit nun über sechzig Jahren werden fast alle historischen Holzfenster falsch behandelt. Wie aber kam es dazu?

Vom 15. Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren Leinöl und Leinölfarbe die perfekte Möglichkeit, Fenster vor der Verwitterung zu schützen. Jedoch wurde die Nutzung von Leinöl nach dem zweiten Weltkrieg durch „schnelltrocknende Beschichtungen“ ersetzt.

Erst am Ende des 20. Jahrhundert wurde diese Methode von Fensterhandwerkern wieder von Schweden nach Deutschland zurückgebracht.

Doch was ist Leinöl überhaupt genau?

Leinöl wird aus Leinsamen gewonnen, ja genau aus den selben Leinsamen die auch gegessen oder zum Kochen benutzt werden.

Bei der Gewinnung von Leinöl werden Leinsamen kalt gepresst und anschließend einige Stunden erhitzt und mit Sauerstoff angereichert. Doch um aus dem nun gewonnen Leinöl auch Leinölfarbe zu machen, ist natürlich noch ein weitere Schritt nötig. Hierbei wird in das bereits vorhandene Leinöl Farbpigmente von zum Beispiel Erdfarben hinzugefügt. Dabei wird darauf geachtet, dass keine schichtbildenen Harze oder Lösemittel der Leinölfarbe hinzugefügt werden.

Aber was macht Leinöl jetzt so besonders und wie unterscheidet es sich von anderen Farben?

Leinöl ist das einzige traditionelle Material zu Fensterpflege was keine Schicht bildet. Es zieht tief in die Holzrahmen ein und konserviert das Holz, wobei die Holzporen ausgefüllt werden. Dadurch ist eine nahe zu unberenzte Erhaltung der Fensterrahmen möglich und es bietet einen dauerhaften Wetterschutz.

Zudem ist Leinöl keine Beschichtung, wie man es vielleicht am Anfang vermutet. Das Leinöl zieh in das Holz ein und schützt es von innen heraus, dagegen wird eine Beschichtung auf das Holz aufgetragen, welche nicht in das Holz einzieht. Zudem enthalten schichtbildene Farben oftmals Harze oder Lösemittel, wobei bei Leinöl drauf verzichtete wird.

Beide Methoden sollen zwar das Holz schützen, jedoch kann die Beschichtung durch verschiedene Wettergegebenheiten porös werden und reissen, wodurch Feuchtigkeit in das Holz eindringen kann. Dies kann dagegen bei Leinöl nicht passieren, da dieses das Holz von innen heraus schützt. Sollten die Rahmen matt werden, kann man sie einfach erneut mit Leinöl einstreichen.

Heute versucht man traditionelle Fenster wieder zu reparieren, was jedoch nicht leicht und zeitaufwendig ist. Oftmals sind die Fenster durch Beschichtungen, Säuren oder Laugen beschädigt. Auch kommen manchmal noch Probleme wie Schimmel oder schlechte Isolation hinzu. Auch wir haben uns an die Arbeit gemacht, um die Fenster des Betriebsleiterwohnhaus zu sanieren.

Nachdem wir alle Fensterrahmen ausgebaut haben, muss die alte Beschichtung auf den Fenstern herunter gekratzt werden, wobei diese stark erhitzt werden muss, um sie zu entfernen. Dabei muss man besonders darauf achten, dass man durch die Hitze die Scheiben nicht versehentlich zum platzen bringt und ebenso wie man darauf achten muss, dass man nicht versehentlich die Fensterrahmen anbrennt.

Wenn die komplette Beschichtung abgekratzt ist, müssen die Holzrahmen von allen Seiten mindesten einmal oder auch zweimal mit Leinöl bestrichen werden. Nachdem alles getrocknet ist, beginnt man die Rahmen mit Leinölfarbe zu bestreichen. Wir haben uns in für ein creme weiß entschieden, allerdings gibt es natürlich auch noch viel andere Farbtöne.

Man benötigt definitiv mehr als nur einen Anstrich, da die Farbe nicht deckend genug ist, als dass sie schon beim ersten Anstrich die Farbe des Holzes schön abdeckt und keine Pinselübergänge mehr zu sehen sind.

Auf Grund der langen Zeit, die das Leinöl und auch die Farbe benötigt, um zu trocknen, ist der ganze Prozess ziemlich zeitaufwenig. Grundsätzlich müssen wir die frisch bestrichenen Rahmen im Durchschnitt einen Tag trocknen lassen, ehe wir mit der nächsten Schicht Leinöl oder Farbe weitermachen können.